Eine der größten Auskiesungsflächen in unserer unmittelbaren Umgebung ist der Langener Waldsee, der zusammen mit dem Egelsbacher See die größte künstliche offene Wasserfläche im Rhein-Main Gebiet darstellt.

Seit den 1920er Jahren wird dort Sand und Kies abgebaut. Die Lagerstätte ist erschöpft und die Betreiberfirma Sehring hat vor etwa 10 Jahren begonnen, eine Planung auf den Weg zu bringen, die eine Verdoppelung der bisherigen Auskiesungsfläche bedeutet.

Neben der grundsätzlichen Problematik, dass der Verlust von (ursprünglich 80ha, jetzt) 60 ha Waldfläche in der Rhein-Main Region nicht hin zu nehmen ist, gefährdet dieses Auskiesungsvorhaben das Trinkwasser Mörfelden-Walldorfs. Bereits in der Planfeststellung musste die Fa. Sehring das Auskiesungsgebiet um 20ha verkleinern, da das Ausbaggern in unserer Trinkwasserschutzzone stattfinden sollte. Alleine das Ansinnen, einen solchen Antrag zu stellen, zeigt die "Unverfrorenheit" der Kiesfirma, macht aber auch deutlich, mit welcher Selbstverständlichkeit sie über Bannwald, Landschaftsschutz, Trinkwasser und andere überlebenswichtigen Ressourcen zu verfügen glauben - immer im engen Schulterschluss mit der konservativen Mehrheit in Wiesbaden.

Nach der Änderung der Mehrheitsverhältnisse in der Regionalversammlung Südhessen (zuständig für die Raumordnungsplanung) von einer CDU/FDP Koalition zu einer SPD- GRÜNE Kooperation nach der letzten Kommunalwahl, wurde das Gebiet von Vorrangfläche für Kiesabbau wieder in Grünzug und Naherholung umgewandelt. Trotzdem hat der damalige Regierungspräsident Baron (FDP) den Plan in der alten Form genehmigt - Politik und demokratische Entscheidungen hatten das Nachsehen.

Seither ist viel passiert: eine grüne Regierungspräsidentin in Darmstadt, mehrere Gerichtsverfahren des BUND, anhängige Normenkontrollverfahren - auch von der Stadt Mörfelden-Walldorf, zum Schutz unseres Trinkwassers beantragt... Trotzdem konnte die Fa. Sehring mit der ersten Auskiesungszone im Süden des bestehenden Sees beginnen. Inzwischen ist ein Sechstel des in Frage kommenden Gebietes gerodet, das Loch in der Erde und schon reicht das Vorkommen von Sand und Kies nicht mehr aus und die nächste Rodung steht derzeit an.

In einem "zähen Ringen" mit dem RP, lächerlichen Fristsetzungen für Stellungnahmen (12 Tage über Neujahr!), mangelnde Beteiligung der Öffentlichkeit, klammheimliche Verlängerungen für BImSch - Verfahren für die am See ansässigen Weiterverarbeitungsbetriebe und eine Verlängerung der Rekultivierungsfristen im Altbestand der Auskiesungsfläche von mal so nebenbei 20 Jahren, lassen uns an der "ausgewogenen Interessenabwägung" verzweifeln.

Der Naturschutz, der Trinkwasserschutz und die Erhaltung uralter Lebensräume für Flora und Fauna gelten nichts, immer steht die Entscheidung "auf des Messers Schneide" (im Planfeststellungsbeschluss, in den Gerichtsverfahren, in den inhaltlichen Auseinandersetzungen) aber immer fällt die Entscheidung pro Sehring....

Derzeit steht die Berufung des BUND gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Darmstadt zur Planfeststellung an. Die Stadt Mörfelden-Walldorf unterstützt diesen Prozess ausdrücklich (aus formalen Gründen können wir nicht klagen), wir arbeiten intensiv an der Verhinderung der endgültigen BImsch-Genehmigung, für die Betriebsstätten am See, die ihr Abwasser in unsere Trinkwasserschutzzone ableiten und versuchen auf allen Ebenen - zuletzt auch wieder über die Regionalversammlung - eine Öffentlichkeitsbeteiligung herbei zu führen.

Es ist ein Kampf gegen mächtige Gegner in einem "enorm komplexen Verfahren" (vorsitzender Richter am VG Darmstadt), es sind ganz unterschiedliche Rechtskreise und politische Entscheidungseben betroffen: eine anachronistische Bergbaubehörde mit Rechtsgrundlagen aus dem Mittelalter (darf fast alles), eine regionalpolitische Entscheidungsstruktur, die zwischen Macht und Ohnmacht schwankt, eine Landesregierung, die sich auf die Gerichtsverfahren beruft und abwartet, sehenden Auges, wie der Wald verschwindet und Gerichte, die im Eilverfahren "pro Sehring" entscheiden, im Hauptsacheverfahren den Hinweis geben, dass dieses verfahren eines der selten Fälle sein könnte, in denen die Eilverfahrensentscheidung revidiert wird, sich aber dann doch nicht dazu durch ringen kann. Es dabei belässt, die Behörde (Regierungspräsidum) zu rügen und Erklärungen abgibt, wie die definitiv festgestellten Fehler in der Planfeststellung "geheilt" werden können. Gleichzeitig aber ausdrücklich die Berufung zulässt, weil zu viele Fragen offen sind.

Heutiger Stand (02.02.2016): Aus nicht ersichtlichen Gründen eine erneute Fristverlängerung zur Stellungnahme bekommen, endlich weitere Beteiligte um Stellungnahme vom RP gebeten. Bisher keine Rodungsgenehmigung für Sehring.

FAZIT: Jeder noch so kleine Strohhalm wird von uns ergriffen, auch wenn wir nicht mehr alle Bäume retten können - die Hoffnung stirbt zuletzt.

Franz Urhahn

Bild: Auskiesung und Rodung des ersten und zweiten Erweiterungsabschnittes im Februar 2016

Website "B90/Die Grünen - Mörfelden-Walldorf" PDF generiert aus - Langener Waldsee, Stand: 25.2.2016