Montagabend, 11.03.2019, 19:30, knapp zwei Wochen vor der Wahl: Der große Bürgerhaussaal mit 450 Bürger*innen gut besetzt und auf der Bühne 4 Kandidaten mit zwei Moderatoren vom Freitags-Anzeiger. Zwei Stunden Statements und Frage-Antwort Situationen - der grüne Kandidat Thomas Winkler ist  eindeutig Mitfavorit!

OK - ich bin nicht neutral, unparteiisch oder komme von wo ganz anders her. Nein, ich bin aus Mörfelden, in der Partei "B90/Die Grünen" und kenne Thomas seit mehr als 30 Jahren. Und doch: Er war der Beste an diesem Abend. 

Kein anderer Kandidat hat zum Thema "Soziales" gesprochen. Er war der einzige, der das Wort "Kindertagesstätten" erwähnt hat und es wies dabei auf die derzeit massiven Probleme bei den Öffnungszeiten hin. Er war derjenige, der auf die Frage aus dem Publikum, woher denn das Geld für die Ausgaben kommen soll, wenn nicht über Gebühren- und Steuererhöhungen (die er ablehnt, weil die Stadt derzeit über genügend flüssige Mittel verfügt) mit verblüffend klaren und einfachen Antworten parrierte: Kredite für Sozialwohnungen in städtischen Liegenschaften, gebaut mit zusätzlichen Landesmitteln. Diese Häuser gehören der Stadt und die Kredite werden mit den Mieteinnahmen getilgt. So wie es der normale Bauherr/frau auch macht. Nix ewige Schulden, nix Privatisierung von Gemeineigentum.

Der Abend fing schon mit einem (peinlichen aber bezeichenden Lacher an), Werner Nies - der bisherige Verleger des FA wollte die vier Kandidaten vorstellen und begann bei Thomas Winkler, kam aber beim zweiten Kandidaten nicht mehr weiter, weil im partout der Name des JEZTNOCH Bürgermeisters nicht einfallen wollte. Sein Redaktionsleiter und Abendmoderator (der übrigens einen guten Job machte) musste einspringen - erst dann konnte es weitergehen.

Zu dieser Zeit waren alle Plätze belegt und zusätzliche Stühle mussten hereingebracht werden, trotzdem stand eine Reihe von Zuhörer*innen an der Rückseite des Saales. Die Zeit verging schnell, 2 Stunden waren bald vorbei und die Fragestellungen nach jedem der drei Themenblöcke zu den Aufregern und vermeintlichen Schwerpunkten der Stadtpolitik waren weitgehend sachlich und kurz.

Feuerwehr und wie geht es weiter, Kläranlage und die aus dem Ruder laufenen Kosten, städtische Finanzen, Baugebiete und Flughafennachbarschaft waren die Themen, die vom Moderator aufgerufen wurden. Leider war bis auf das Thema "Sozialwohnungen" kein weiter Schwerpunkt Soziales vorgesehen, ein erheblicher Fehler aus meiner Sicht, denn gerade die Bereiche Kindertagestätten, Schulen und Ganztagsbetreuung, Jugendarbeit und Senioren spielen in einer Kommune eine große Rolle. Thomas hat dann wenigstens die Gelegenheit wahrgeonmmen in seinem Abschlussstatement die Themen noch einmal an zu reißen und auf gravierende Mängel und deren Lösung im Falle seiner Wahl z.B. bei der Kinderbetreuung hin zu weisen. 

Zum Abschluss meines Berichtes ein klitzekleines Fazit wie die Kandidaten aus meiner Sicht "rüberkamen":

Der DKP/LL Kandidat hatte einige "flotte Sprüche", die den doch relativ entspannten Abend auflockerten - er kann sie auch gut machen, denn 1. weiß er, dass die Kommunisten und die Linke selbst in "Klein Moskau (sein Zitat)" nach dem ersten Wahlgang ausscheiden und er als deren Kandidat nicht zum Zuge kommt. 2. Schade dabei ist, dass er behauptet, ein Bürgermeister hätte kaum Handlungsspielraum und egal wer gewinnt, es würde sich sowieso nichts ändern, denn die wirklichen Entscheidungen würden auf "höheren Ebenen" oder ganz woanders getroffen.

Das sah der CDU Kandidat erwartungsgemäß anders, aber er weiß ebenfalls, dass er mit "reiner" CDU Politik nicht reüsieren wird, also macht er ein Angebot an die Mitte - will aber in den wesentlichen und schon seit langen strittigen Fagen in der Stadtpolitik nicht von der CDU-Linie abweichen und das sind eben: Ausbau der Südumgehung, Wachstum des Flughafens, Erweiterung der Baugebiete. Kein wirkliches Angebot mit ökologischer Erneuerung ....

Der JETZTNOCH Bürgermeister wirkte eingeklemmt in die vielen Verstrickungen der letzten 18 Jahre in denen er hauptamtlich Verantwortung hatte. Er trug die uralten Vorstellungen seiner Partei, die aber nicht auf seinen Wahlplakaten und -flyern steht, vor: Südumgehung, Bebauung der grünen Mitte da wo es möglich ist (was immer das heißt - es wird halt möglich gemacht), und die Versprechungen gegenüber seinen neuen neokonservativen Koalitionspartnern vor: Flughafen wird zwar lauter (T3, mehr Flüge) aber wir müssen damit leben und unseren Frieden machen.

Die Aussagen zu den "Aufregern" Kläranlage und Feuerwehr waren äußerst defensiv und wenig inspirierend... mehr so: "wir werden sehen" und nicht "wir haben verstanden". Für einen Sozialdemokraten peinlich: Nix zur sozialen Situation in der Stadt mit Ausnahme des Wohnungsbaues (aber ohne eine Vorstellung wie das im Mix zwischen privat und öffentlich aussehen kann und soll) - aus meiner Sicht ein Auftritt der unser Motto "Mörfelden-Walldorf braucht den Wechsel" definitiv unterstrichen hat.

Thomas beschrieb seine Motivation zur Kandidatur, die eben aus der Politik der letzten drei Jahre - an den Bürger*innen vorbei - her resultiert, stellte seine ökologische und soziale Kompetenz heraus, sprach als Einziger in der Runde überhaupt diese Fragestellung an und erläuterte auf der Basis der letztjährigen haushaltspolitischen Entwicklung auch die Möglichkeiten der finanziellen Entlastung der Bürger*innen und bewieß ein umfassendes kommunalpolitisches Wissen und Kenntnis der Mechanik, die sich eben nicht darin erschöpft: Ein BM kann eh nix machen. Er zeigte Lösungen für den sozialen Wohnungsbau auf, er verneinte ganz klar neue Baugebiete und wies auf vorhandene innerstädtische Entwicklungsmöglichkeiten hin. Für mich der klare Favorit an diesem Abend, aber das hat die geneigte Leserin ja wahrscheinlich auch nicht anderes erwartet.

Ja ich bin parteiisch und es reicht nach 70 Jahren sozialdemokratischer Bürgermeister, diese Stadt braucht neuen Wind, diese Stadt braucht neue Perspektiven anstatt die alten Konzepte von vor 50 Jahren. "Bauen, Bauen, Bauen" kann nicht die Zukunft unserer Entwicklung sein. Ein neuer Mann, der auch anderen neuen Mut gibt, muss her und das ist: Thomas Winkler!

Franz Urhahn, 14.03.2019

Website "B90/Die Grünen - Mörfelden-Walldorf" PDF generiert aus - Podiumsdiskussion des Freitags-Anzeigers: Wer wird BM in Mö-Wa, Stand: 14.3.2019